August 18 2023

Exodus

IRAK
In der Geschichte des Volkes Israel wurde der Weggang aus Babylon als Befreiung gefeiert. Heute verlassen Christen das Land Irak unter Tränen – auf der Flucht vor islamistischem Druck, vor Unsicherheit und Bedrohung.

Beobachter sprechen von einem regelrechten Exodus und befürchten, dass das Christentum für immer aus dem Irak verschwinden könnte. Auch unser Partner ist sich dieser Gefahr bewusst.

Standhaftigkeit
Der Druck wird immer grösser. Im vergangenen Jahr wurde ein Mitarbeiter einer westlichen Organisation unweit des Hauses unseres Partners ermordet. Eine Gemeinde seines kleinen Netzwerks wurde unlängst von den Behörden aufgelöst, die Mitglieder erhielten Versammlungsverbot. Gefahr droht nicht nur von den Behörden, sondern auch von religiös motivierten Fanatikern. Etablierte christliche Kirchen schauen mit Missgunst auf freikirchliche Gruppen und bestärken deren Stellung im gesellschaftlichen Abseits.

Aber auch im Abseits kann Gott seine Leute gebrauchen. Wir hatten Anfang Mai die Gelegenheit, die Arbeit vor Ort kennenzulernen. Uns beeindruckt, wie nüchtern unser Freund über die Schwierigkeiten spricht, wie er aber andererseits unermüdlich und voller Begeisterung die visionäre Arbeit vorantreibt. Er leitet eine Gemeinde, die sich nicht versteckt, sondern mutig die Gute Botschaft weitergibt und den Menschen in ihrer Stadt dient.

Zuhören, fragen, aufklären
Durch einen von der Freikirche betriebenen Kurzwellensender werden täglich tausende von Hörerinnen und Hörern im Grossraum Bagdad erreicht. Das mehrstündige Programm bringt christliche Musik, beleuchtet lebensnahe Fragen aus christlicher Sicht und sendet Predigten, die in den Gottesdiensten unserer Partnergemeinde aufgezeichnet worden sind. Interessierte haben die Möglichkeit, am Telefon Fragen zu stellen oder ihre Nöte mitzuteilen. Ein Zuhörer rief an, weil er verschiedene Lehren des christlichen Glaubens nicht verstand. Die Mitarbeiter konnten zur Klärung beitragen, und er wandte sich Jesus zu. Freudig erzählt er: »Mein ganzes Leben hat sich verändert. Könnte ich eine Bibel haben? Und bitte betet auch für meine Frau und meine Kinder, damit auch sie Jesus kennenlernen!« Bis heute sind die Mitarbeiter des Senders in regelmässigem Kontakt mit ihm.

Einzelne Rückmeldungen kommen aus einem Umkreis von über 200 Kilometern. Doch der Radioempfang ist in dieser Entfernung oft schlecht. Ein leistungsstärkerer Sender wird benötigt, um die Reichweite zu erhöhen und den Empfang zu verbessern. Noch gänzlich unerreicht ist der Süden des Landes und der angrenzende Iran. Ein Sendemast ist zwar vorhanden, aber die monatliche Lizenzgebühr von etwa 2000 Franken kann der Sender nicht aufbringen.

Dienst an der Community
Dabei haben unsere Freunde nicht nur das geistliche, sondern auch das körperliche Wohl im Blick. Ein guter Teil der Rückmeldungen kommt von sehbehinderten Menschen, für welche sich das Medium Radio besonders eignet. Sie und andere notleidende Familien werden regelmässig besucht und mit Essenspaketen versorgt. Mit Unterstützung von AVC bietet die Gemeinde regelmässige Nähkurse für Frauen aus der Nachbarschaft an. Da sie nach Abschluss des Kurses eine Nähmaschine geschenkt bekommen, können die Frauen einen Beitrag zum Familieneinkommen leisten. Eine kleine Nähwerkstatt bietet darüber hinaus vier angestellten Näherinnen ein sicheres Einkommen. Bei unserem Besuch konnten wir ihnen Geld für eine computergesteuerte Stickmaschine überbringen. Das Gerät wurde mit grosser Begeisterung in Betrieb genommen. Beim ersten Testlauf stickte sie »Gott ist gut«.

Besonders beeindruckt hat uns ein sehr bunter Nachmittag. Frauen aus der Nachbarschaft sprechen über Themen des Alltags und hören die christliche Perspektive. Kinder sind begeistert von anregenden Spielen. Beim Essen – wie könnte es anders sein – kommen alle zusammen, denn Mahlzeiten bieten immer gute Gelegenheiten für Gemeinschaft. So stellen die Christen am letzten Tag des Ramadan Bänke und Tische auf der Strasse vor der Gemeinde auf und bewirten ihre muslimischen Nachbarn. Das soziale Engagement der Kirche beinhaltet auch eine Zahnarztpraxis, in der mittellose Patienten kostenlos behandelt werden.

Träume und Visionen
Petrus grüsst in seinem ersten Brief aus Babylon – wohl ein Codewort für Rom. Das echte Babylon ist die Stadt Nebukadnezars, deren Ruinen vom Prunkpalast des Saddam Hussein überragt werden. Christliche Grüsse aus dem aktuellen Babylon, der gleichnamigen Stadt unweit der Paläste, sind nicht zu erwarten. Es gibt dort keine Gemeinde. Aber der Traum davon lebt weiter. Warum sollten uns nicht eines Tages doch noch Grüsse von Brüdern und Schwestern aus diesem geschichtsträchtigen Ort erreichen?

Das wird nicht einfach. Leiter müssen trainiert und ausgesendet werden. Die Ausbildung ist dabei das kleinste Problem. »Ich brauche Menschen, die bereit sind, ihr Leben zu geben. Dann kann auch im Irak wieder Neues entstehen.« Die Schlussworte unseres Freundes stimmen uns nachdenklich. Wir nehmen sie uns zu Herzen und in unsere Gebete auf. Und beziehen Sie in dieses Anliegen mit ein.



Stay informed

Every commitment starts by staying informed. We have several free offers for you, in digital and printed from (in German and French). Stay up to date.
Slogan Footer