Interview: »Mein Motto ist ein Kind pro Tag«
Dejana, du kümmerst dich gemeinsam mit deinem Mann um Familien in Zenica. Was löst es bei dir aus, wenn du das Elend in deiner Umgebung siehst?
Am meisten berühren mich Familien. Häufig sind es alleinerziehende Mütter mit mehreren Kindern. Sie erhalten weder Unterstützung von ihrem Ex-Mann noch vom Staat. Die grösste Herausforderung dieser Frauen ist, die ganze Familie satt zu bekommen.
Wie helft ihr diesen Menschen konkret?
Derzeit kümmern wir uns um etwa 30 Kinder. Viele Kids kommen aus missbräuchlichen Elternhäusern mit Alkohol, Gewalt, Vernachlässigung. Wir sind mit den Familien in Kontakt und helfen bedarfsorientiert. Manche brauchen Lebensmittel, andere Unterstützung bei der Fahrt ins Krankenhaus oder zum Zahnarzt, wieder andere benötigen vorübergehend Geld für Strom und Miete. In den Kinder- und Jugendstunden geben wir den Kids alltagstaugliche Tipps, etwa zum Umgang mit der Angst, denn Furcht beeinträchtigt ihre Zukunft. Auch besprechen wir mit ihnen, was sie tun sollen, wenn sie auf der Strasse Probleme bekommen oder von Kriminellen angesprochen werden, welche Personen sie ins Vertrauen ziehen können und dergleichen mehr. Wir möchten, dass die Kinder in der Zukunft auf eigenen Beinen stehen, und dass sie trotz allen Schwierigkeiten mental gesund aufwachsen.
Wie schaffst du es, in einem so schwierigen Umfeld zu dienen?
Angesichts der Not könnte man tatsächlich überwältigt werden. Ohne Gottes Barmherzigkeit und seine Führung könnten wir hier nichts bewirken. Unsere Gegend ist 100 Prozent muslimisch – es ist nicht immer einfach, Kontakte zu knüpfen. Doch mein Motto ist »ein Kind pro Tag«. Wir möchten besonders den Kindern Gottes Liebe weitergeben und ihnen zeigen, dass sie für ihn wichtig sind. Eine solche Liebe finden sie nirgendwo sonst auf der Welt! Unsere Arbeit ist also viel mehr als nur Sozialarbeit.
Wie kam es, dass du hier in Bosnien tätig bist?
Ich selbst bin in Österreich geboren und habe dort einige Jahre gelebt. Als ich fünf Jahre alt war, zogen meine Eltern zurück nach Bosnien. Während des Krieges lebte ich in Split. Danach zog ich nach Deutschland, wo Christen das Evangelium mit mir teilten. Ein Jahr später hatte ich es auf dem Herzen, zurück nach Bosnien zu ziehen. Ich habe Gott versprochen, ihm bis zum Ende meines Lebens zu dienen. Das war vor 20 Jahren!
Wie reagierten deine Bekannten auf die Entscheidung, in Bosnien zu bleiben?
Meine Freunde wohnen in Deutschland und Österreich, sie wollen dort ein besseres Leben führen. Selbst meine Familie verstand mich nicht. Doch Bosnien ist meine Heimat, in die ich mich gerufen fühle. Ich liebe Gott und ich liebe Menschen – deshalb tue ich diese Arbeit.
Wie hast du dich auf diese Arbeit vorbereitet?
Gott hat mich für diesen Dienst vorbereitet. Als ich aufwuchs, merkte ich, dass ich eine tiefe Liebe für die Menschen in meinem Umfeld hatte. Über die Zeit entfalteten sich meine Begabungen und das Potential, das lange verborgen war. Durch Jesus ist meine persönliche Unsicherheit gewichen, und wir konnten all diese Aktivitäten starten.