Liebe statt Misshandlungen
Sambia, ein friedliches Land mit sympathischen Bewohnern und beeindruckender Natur, hat auch sehr dunkle Seiten. Zu diesen gehört die Gewalt gegen Kinder. Übergriffe auf die schutzbedürftigste Gruppe der Gesellschaft sind in Sambia leider weit verbreitet. Die Kinder haben keine Chance, sich dagegen zu wehren, und oft genug wird ihre Not einfach ignoriert.
Es ist bezeichnend, dass die sambische Regierung erst 2014 Daten zu dieser Problematik erhob. Das Ergebnis der Untersuchung wurde auch vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF veröffentlicht und zeigt: Die Hälfte der Befragten hat in ihrer Kindheit mindestens eine Art von Gewalt – physisch, psychisch, sexuell – erlebt. Bei der körperlichen Gewalt waren Eltern, Verwandte und andere erwachsene Betreuer die häufigsten Täter. Also gerade jene Menschen, die eigentlich besonderen Schutz und Liebe geben sollten.
Zufluchtsort Fountain Gate
Unser Kinderdorf Fountain Gate im Bezirk Chongwe, 20 Kilometer von der Hauptstadt Lusaka entfernt, wurde 2009 eröffnet. Hier finden AIDS-Waisen und Kinder aus schwierigen Verhältnissen Aufnahme. Für 220 dieser Kids ist es ein sicherer Zufluchtsort und ein liebevolles Zuhause. Auf dem rund drei Hektar grossen Gelände befinden sich nebst Küche, Speisesaal, Büros und Mitarbeiterwohnungen auch die zwölf Familienhäuser. Jedes wird von 16 Kindern und ihrer Pflegemutter bewohnt. Diese ist Ersatzmama, Ansprechpartnerin, Freundin, Krankenschwester und Erzieherin in einer Person. Durch ihre Fürsorge will jede Mama den Kindern das geben, was sie noch nicht erleben durften: Liebe.
An das Kinderdorf ist die Fountain Gate Christian Academy angegliedert. An dieser Gesamtschule werden 589 Kinder in 12 Klassen von insgesamt 21 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet. Die Kids erhalten dort eine weit über den Landesstandard hinausgehende Bildung. Mit ihrem Abschluss haben sie die besten Chancen, einen Beruf ihrer Wahl zu erlernen oder an der von unseren Missionaren gegründeten Universität zu studieren. Einige unserer Schützlinge haben ihre Berufsausbildung bereits absolviert und Arbeit gefunden. Jetzt sorgen sie für sich selbst. Vier dieser jungen Leute sind seit einiger Zeit in unseren Arbeitszweigen tätig.
Heilung durch Liebe
Eines unserer Fountain-Gate-Kinder ist Fungai*, ein sehr liebenswürdiges, offenes und freundliches Mädchen. Sie ist 14 Jahre alt, wirkt aber deutlich reifer, was sicher mit ihrer traumatischen Vergangenheit zusammenhängt. Der Alltag in ihrer Familie war geprägt von Streit, Gewalt und Zorn. Sie musste mit ansehen, wie ihre wütende Mutter heisses Wasser über ihre Geschwister goss, um sie zu bestrafen. Sie selbst war ebenfalls massiven Misshandlungen ausgesetzt. Die Grausamkeiten, die ständige Anspannung und die permanente Angst vor dem nächsten Gewaltausbruch haben bei Fungai Spuren hinterlassen.
Schliesslich wurde der Teenager vom Sozialamt, das eng mit Fountain Gate zusammenarbeitet, aus der desaströsen familiären Situation herausgeholt. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus, wo sie wegen Unterernährung und einer chronischen Krankheit behandelt worden war, fand Fungai bei uns ein neues Zuhause. Die Bilder der Misshandlungen konnte sie lange nicht loswerden, oft hatte sie Albträume. Die im Fountain Gate erlebte Liebe aber trug zur Heilung von Fungais körperlichen und seelischen Wunden bei und machte sie zu dem, war sie heute ist.
Fungais Geschichte ist kein Einzelfall. Viele unserer Kinder haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Wir sind glücklich zu sehen, wie diese Kids durch die Zuwendung ihrer Fountain-Gate-Mama und Gottes Liebe Heilung erleben und zu wundervollen Menschen heranwachsen. In unserem Kinderdorf begleiten wir sie, bis sie auf eigenen Füssen stehen – wie es in einer richtigen Familie sein sollte.
* Name geändert, Symbolbild
