
»Die besten Leute schicken wir fort«
Es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, eine Gemeinde zu gründen. Stattdessen wollte Sagima einfach ihrer Familie aus der Armut helfen. Mit dieser Hoffnung zog sie auf Wunsch der Eltern nach Kuwait. Fernab der Heimat fand Sagima schnell Beschäftigung – leider in einer Familie, die ihre Notlage ausnutzte. So blieben die erhofften Einnahmen aus.
In diesem Haushalt lernte sie aber zum ersten Mal Christen kennen. Diese ermöglichten es Sagima, Gottesdienste in ihrer Muttersprache zu besuchen. In der Gemeinschaft mit Christen aus dem eigenen Land erlebte die junge Frau Jesus. Letzten Endes kehrte das schlecht bezahlte Dienstmädchen mit dem kostbarsten aller Schätze nach Hause zurück.
Ein einsamer Weg
Daheim begann die junge Frau sofort, anderen von Jesus zu erzählen. Aber in der buddhistisch geprägten Umgebung erzeugte ihre Botschaft zunächst nur Widerstand. Manche Nachbarn beschimpften die Christin, andere wurden handgreiflich: Mehrmals wurde Sagima geschlagen oder gar mit Steinen beworfen. Als die Polizei endlich eingriff, war es lediglich, um die »Unruhestifterin« festzunehmen und zu verhören – und das im Wochentakt ein ganzes Jahr lang!
Trotzdem gab Sagima nicht auf, und nach und nach kamen Menschen zum Glauben. Diese versammelten sich in einer selbstgebauten Hütte aus schiefgewachsenen Baumstämmen, Wellblech und Kunststoffplanen. Dort besuchte sie Pastor Josef, den sie bereits im Ausland kennengelernt hatte. Dieser beobachtete, wie schlammig der Boden im Versammlungsraum wurde, wenn es regnete. Da entschied er spontan, sein Auto zu verkaufen, um einen Neubau zu finanzieren. Schliesslich kamen aber andere Christen für die Bausumme auf, der Pastor konnte das Fahrzeug behalten.
Vernetzte Aktionen
Inzwischen versammeln sich in Sagimas Heimatdorf regelmässig mehr als 30 Familien zum Gottesdienst. Ausserdem besuchen rund 100 junge Menschen – meist aus buddhistischen Familien – die Kindergottesdienste. Und in einem Nachbarort hat Sagima eine weitere Gemeinde gegründet.
Sagimas Weg begann in der Abgeschiedenheit, fernab von Gleichgesinnten. Inzwischen agiert sie nicht mehr allein. Auf Initiative der beiden AVC-Pastoren Josef und Vinoth schlossen sich vor fünf Jahren Christen unterschiedlicher Denominationen zusammen, um die biblische Botschaft in unerreichte Dörfer Sri Lankas zu bringen. Für diese Aufgabe bestimmen Gemeindeleiter geeignete Mitarbeiter aus den eigenen Reihen. »Die besten Leute schicken wir fort«, bemerkt ein Verantwortlicher voller Freude.
Unterschiedlicher könnten die neuen Freunde des einstigen Dienstmädchens Sagima kaum sein. Darunter sind ehemalige Kriminelle, Menschen aus der Drogenszene oder Analphabeten. Ein Mann, der weder lesen noch schreiben kann, gründete in kürzester Zeit selbst sechs Gemeinden!
Fortbildung und Widerstand
AVC-Mitarbeiter unterweisen und begleiten diese angehenden Evangelisten. Ausserdem veranstalten sie Pastorenkonferenzen zur Fortbildung und Ermutigung. Vernetzte Gemeinden unterstützen sich gegenseitig bei Bauprojekten, und gemeinsam durchgeführte Evangelisationen ermöglichen, dass Hunderte von Menschen zum ersten Mal Gott erleben.
Hinzu kommt, dass Erfahrungen aus früheren Gemeindegründungen zu besonderen Massnahmen führen. Eine soziale Einrichtung erstellt Ausweise, mit denen Evangelisten leichteren Zugang zu Krankenhäusern und Schulen erhalten. Und für den Fall, dass Behörden Christen schikanieren und sich rechtswidrig verhalten, steht ein Jurist aus einem Ministerium zur Verfügung, der mit dem nötigen Nachdruck die Einhaltung geltender Gesetze einfordert.
In den vergangenen fünf Jahren entstanden in Sri Lanka bereits mehr als 200 neue Gemeinden – alle dort, wo zuvor keine Christen lebten. Mancherorts wurden sie sogar explizit eingeladen. In einem hinduistischen Dorf errichteten die Bewohner in Eigenleistung einen Versammlungsraum, um die von dem Evangelisten begonnene Kinderarbeit zu unterstützen. Trotz allem gibt es noch viel zu tun, denn im Land sind noch 45 000 Dörfer ohne christliche Gemeinschaft.
Nachtrag: Als im Februar 2025 Sagimas Gemeinde die neuen Räumlichkeiten einweihte, tauchte die Polizei auf: der Polizeichef persönlich – als Gast.

