December 09 2022

Verfolgt, aber nicht vergessen

NIGERIA
Sieben Stunden Flug, und du bist in einer anderen Welt. In einer, wo Christen verfolgt und ermordet werden. Nigeria. Kaum angekommen, wird mir klar, dass hier nichts so ist, wie ich es kenne.

Auf den Strassen ist es laut und für unser Verständnis chaotisch. Händler bedrängen dich bei jeder Gelegenheit; wollen dir lautstark Bananen, Zuckerrohr und hundert andere Dinge andrehen. Ein störender Geruch hängt in den Gassen. Stress für die Nase. Überall Müll.

Ich frage mich, um welchen Mittelpunkt sich der Alltag dieser Menschen dreht. Wo ich herkomme, kreisen die Gedanken vieler um steigende Energiepreise und einen wohl sinkenden Lebensstandard. Die weit verbreitete Sorge hier, je weiter man in den Nordosten des Landes reist: Wie bekomme ich meine Familie satt? Und es kommt noch schlimmer: Nigeria ist knüppelhart für Millionen von Christen. Dies ist das Land, in dem mehr Christen wegen ihres Glaubens ermordet werden als in jedem anderen Staat der Erde.

Besonders dramatisch geht es im Nordosten des 216-Millionen-Staates zu. Fast wöchentlich versetzen Meldungen von Mord und Totschlag die Einwohner christlicher Regionen in Angst und Schrecken. Wir besuchen Dörfer, die von islamischen Fundamentalisten dem Erdboden gleichgemacht wurde. Es kann vorkommen, dass bei Attacken dieser Art bis zu 100 Menschen ihr Leben lassen müssen. Ich bin erschüttert. Die Bilder und Berichte gehen mir nah, wühlen mich auf. Manche Dörfer werden nach solchen Angriffen aufgegeben, andere wieder aufgebaut unter dem Risiko eines neuen Dramas. Wann kommt der nächste Angriff?

Bei alledem ist es für mich aber auch eine grossartige Sache zu sehen, wie die Hilfe von AVC ankommt. Per Soforthilfe sind die Opfer mit Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln und, je nach Fall, auch mit Decken und Kleidung versorgt worden. Wer Felder bearbeitet, erhält Saatgut und Dünger für das Brot von morgen. Wir schenken auch »tierisches Startkapital«, mit dem Bauern eine Herde aufbauen können. So schöpfen die Leute wieder Hoffnung und lassen die Hilflosigkeit hinter sich. Vertriebene und Dorfbewohner, die alles verloren haben, können dank unserer Unterstützung sich und ihre Familien wieder durchbringen. Hilfe zur

Ich lerne eine ganze Reihe von Pastoren und Evangelisten kennen, die im tödlichen Umfeld die Gute Nachricht weitergeben. Sie schrecken nicht davor zurück, auch Menschen mit muslimischem Hintergrund von der Liebe Gottes zu berichten. Eindrücklich, wie sie dabei die allgegenwärtige Angst überwinden, für dieses Tun einen hohen Preis bezahlen zu müssen. Sie nehmen teil an der AVC-Konferenz »Persecuted but not forsaken« (Verfolgt, aber nicht vergessen). Auch ich bin dabei, zusammen mit unserem Länderbeauftragten Friedhelm Ernst und Palmer Appiah-Gyan vom Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden. AVC unterstützt auch ein Ausbildungscamp für ehemalige Muslime, die Jesus als ihren Herrn angenommen haben. Dort werden sie anhand des Korans und der Bibel geschult, speziell unter Muslimen die freimachende Botschaft weiterzugeben.

Total begeistert hat mich der Bericht eines dieser mutigen Männer. Er hat bereits über 75 Fulani zum Glauben an Christus geführt. Den bewaffneten Mitgliedern dieses grossen nomadischen Hirtenvolks werden die meisten der Gräueltaten im Norden des Landes zugeschrieben.

Entführt und versklavt  Eine Begegnung mit Moanred beeindruckt mich zutiefst. Diese junge Frau wurde kurz vor Weihnachten 2020 von Boko-Haram-Kämpfern entführt und eineinhalb Jahre unter schlimmsten Bedingungen als Sklavin gehalten. Sie konnte zwar fliehen, lebt aber in ständiger Angst, von ihren Peinigern entdeckt und ermordet zu werden. Ich unterhalte mich mit ihr und ihrer Mutter. Beide vertrauen in dieser Zeit der grössten Not unerschütterlich auf Gott: »Ich wusste, dass Gott eingreifen und Moanred befreien würde«, sagt die Mutter. »In diesem Jahr werden wir das Weihnachtsfest besonders feiern: mit Christbaum, Kuchen, Geschenken und vor allem mit Herzen voller Dankbarkeit.« Solch starkes Gottvertrauen fordert mich heraus.

Die Reise durch Nigeria hat mich nachdenklich und ein Stück demütiger gemacht. Und sie hat meinen Entschluss neu verstärkt, nicht mehr unzufrieden zu sein, wenn ich meine, dass mir etwas fehle. Ich nehme mir an den verfolgten Christen ein Beispiel und will darin



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