29. September 2024

Kostspieliger Glaube

NIGERIA
Zehntausende haben in den vergangenen Jahren Entführung, Zwangsverheiratung, Vertreibung und Gewalt erlebt. In keinem anderen Land der Welt werden so viele Christen ermordet wie in Nigeria.

Islamistisch-extremistische Gruppen wüten erbarmungslos in Nigeria. Dabei gehen sie äusserst brutal gegen Christen vor. Ganze Dörfer werden verwüstet. So fielen bei einem Massaker in der Region Bokkos während der Weihnachtsfeiertage 2023 mindestens 200 Dorfbewohner einer Welle von koordinierten Angriffen zum Opfer. Tausende flohen und finden sich nun als Binnenflüchtlinge in provisorischen Camps wieder.

Gefährlicher Norden
Im Hinblick auf die Religionen ist Nigeria zweigeteilt. Im Süden des Landes überwiegt die christliche Bevölkerung. Aber die zwölf Bundesstaaten im Norden sind fest in muslimischer Hand. Hier gilt die Scharia als vollwertiges Rechtssystem, seit dessen Einführung im Jahr 2000 sich die Lage der Christen dramatisch verschlechtert hat. Benachteiligungen und Schikanen sind an der Tagesordnung und noch das geringste Übel.

Schwere Kämpfe in der Mitte
Die heftigsten Konflikte werden in Zentralnigeria, dem sogenannten Middle-Belt, ausgetragen. Er ist Zielgebiet der islamistischen Expansion aus dem Norden und damit Schauplatz regelmässiger Verwüstungen christlicher Dörfer. Den erbarmungslosen Massakern fallen Männer, Frauen und Kinder zum Opfer. In keinem anderen Land werden so viele ermordete Christen verzeichnet wie in Nigeria. Tausende kamen in den vergangenen Jahren zu Tode.

Der religiöse Konflikt in Zentralnigeria geht Hand in Hand mit einem Kampf um das fruchtbarere Weideland im Süden Nigerias. Auf den verlassenen Feldern der christlichen Bauern weiden nach deren Vertreibung sehr bald die Herden muslimischer Fulani-Hirten.

Besonders betroffen sind die Bundestaaten Plateau und Kaduna. Hauptakteure sind die Terrororganisation Boko Haram sowie Fulani-Kämpfer. Sicherheitskräfte und Strafverfolgungsbehörden legen – gelinde gesagt – eine gewisse Trägheit an den Tag, wenn es um den Schutz der Christen und die Verfolgung der Terroristen geht, sodass die Angreifer meist ungestraft davonkommen.

Dienst unter Verfolgten
In verschiedenen Regionen des Bundesstaates Plateau leistet AVC nach Überfällen Soforthilfe. Zudem helfen wir Landwirten beim Neuaufbau ihrer Existenzen mit Saatgut, Dünger und Nutztieren. Kinder leiden besonders unter der Situation. Viele haben ein oder gar beide Elternteile verloren. Zum Trauma der Gewalt, der sie ausgesetzt waren, kommt die Entwurzelung auf­grund der Flucht. Wir übernehmen die Schulgebühren und geben ihnen dadurch die Chance, ihre Schulbildung fortzusetzen und neue Perspektiven für ihr Leben zu finden.

AVC-Partner Pastor Dapar lebt in einer Region mit Verfolgung. Dort dient er der Gemeinde und trainiert Christen. Etliche von ihnen haben einen muslimischen Hintergrund. Wegen seines Engagements erhielt er Drohungen und war Anschlägen ausgesetzt. Trotzdem bleibt er vor Ort: »Als Pastor habe ich einen viel grösseren Einfluss, wenn ich dort bin, wo es viele Anfechtungen gibt. Im Süden hätte ich zwar ein entspanntes Leben, könnte mir ein Haus und eine grössere Kirche bauen. Aber das würde mich nicht erfüllen, denn Gott hat mich hier hergerufen.«

Beeindruckende Freude
AVC-Mitarbeiter aus Europa sind beim Besuch vor Ort beeindruckt – vom Leid, aber auch davon, wie die Verfolgten mit ihrer Situati­on umgehen: »Durch Gespräche erfuhr ich von schrecklichen Gewalttaten und dem unermesslichen Schmerz, den viele Christen durchleben mussten – Eindrü­cke, die mich sehr mitnehmen und traurig stimmen«, berichtet Jonas, AVC-Jugendreferent. »Doch diese Christen wissen, was es bedeutet, sich im Herrn zu freuen. Trotz Vertreibung und Gewalt loben sie Jesus mit Begeisterung und Hingabe.«

Selbst Witwen, denen alles genommen wurde, preisen Gott mit strahlenden Gesichtern und tanzen, als sei ihre Welt in Ordnung. »Plötzlich wurde mir klar«, so Eduard Schmidt, Leiter von AVC Deutschland, »sie haben durch die Verfolgung geliebte Menschen und oft ihren ganzen Besitz verloren, aber eine extra Portion inneren Frieden und ein Erleben der tiefen Liebe Gottes dazugewonnen. Das ist eine Form von wahrer Freude, die ich vorher so nicht kannte.«



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