Rufe nach den Vermissten
Dämme brachen und ganze Dörfer standen unter Wasser. In Jablanica wälzte sich eine Schlamm- und Gerölllawine durchs Dorf, nahm Autos mit und zerstörte Häuser. 19 Tote sind hier zu beklagen, insgesamt fielen 27 Menschen dem Unwetter zum Opfer.
Hoffnung auf Überlebende
Als Projektleiter besuche ich das Gebiet unmittelbar nach der Katastrophe. Vor Ort bietet sich mir ein Bild der Verwüstung. Während ich durch die verschütteten Strassen gehe, fällt mir ein älterer Mann auf, dessen rastloser Blick übers Geröllfeld wandert. Die Nachbarn erklären mir, er halte seit Tagen Ausschau nach seiner Frau. Zwei seiner Enkelkinder und eine Tochter hat man bereits tot aufgefunden – nicht aber seine Frau. Deshalb ruft und hofft er, dass sie noch am Leben ist. Es sind diese Rufe nach den vermissten Nachbarn, Freunden und Familienmitgliedern, die mich zu Tränen rühren.
Weil AVC dringend benötigte Hilfsgüter bringen kann, lassen uns die Einsatzkräfte ins Areal hinein. Vor allem Trinkwasser wird sehnsüchtig erwartet, da die Wasserversorgung unterbrochen ist. Freiwillige helfen uns bei der Verteilung.
Wortlos unter Schock
Bei den Gesprächen mit Betroffenen lernen wir Dino und seine Tochter Dalal kennen. Ihr Schicksal ist, wie das vieler anderer, verstörend: Dinos Frau, im achten Monat schwanger, wurde durch einen umstürzenden Baum erschlagen. Nur wenige Meter neben der toten Mutter fand man die nur leicht verletzte Dalal. Die Kleine hat überlebt. Dino selbst wurde 300 Meter vom Schlamm mitgerissen. Glücklicherweise blieb er unversehrt. Das Haus der Familie ist komplett zerstört. Dalal und ihr Vater kamen bei Verwandten unter. Als wir sie besuchen, steht Dalal noch immer unter Schock und spricht kaum mit den Anwesenden.
Die Überlebenden und Betroffenen sind schwer traumatisiert. Sie werden unsere praktische Hilfe und seelischen Beistand benötigen – auch dann, wenn sich die mediale Aufmerksamkeit anderen Ereignissen zuwendet. Es ist uns ein Anliegen, mittelfristig jenen beim Wiederaufbau zu helfen, bei denen keine oder nicht ausreichend (öffentliche) Hilfsgelder ankommen. Helfen Sie uns helfen.
Unsere Präsenz im Ort blieb nicht unbemerkt. Ob wir eine Sekte seien, wurde in der Ortsverwaltung nachgefragt. Ohne unser Zutun verteidigte man uns und erklärte, dass wir vertrauenswürdig seien.
Wir sind dankbar, dass wir das Vertrauen der Menschen in Tura gewinnen konnten. Nur auf dieser Grundlage hören sie zu, wenn wir ihnen das Evangelium von Jesus Christus weitergeben. Einige kommen bereits in unsere Gottesdienste. Wir beten, dass sie nicht nur von Jesus hören, sondern ihn, seine Liebe und Kraft persönlich kennenlernen.«